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33 BewertungsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
BewertungsänderungsG 1979; keine Bedenken gegen ArtII Abs1; Erhöhung des am Ertragswert orientierten Einheitswertes land- und forstwirtschaftlichen Vermögens um 5 vH nicht unsachlich, da kein Überschreiten des rechtspolitischen Gestaltungsfreiraumes; keine Verletzung im Eigentums- und im GleichheitsrechtSpruch
Die Beschwerden werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) Die Finanzlandesdirektion (FLD) für Wien, NÖ und Bgld. erhöhte gemäß ArtII Abs1 des Bewertungsänderungsgesetzes 1979, BGBl. 318 (BewÄG 1979), mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 6. April 1984 für den E und L Z gehörenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in der KG Altenreith den zum 1. Jänner 1983 geltenden, nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. 148 (BewG), ermittelten Einheitswert in der Höhe von 79000 S mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 1983 um 5 vH (das sind 3950 S) auf (gerundet gemäß §25 BewG) 82000 S.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte - zu B393/84 protokollierte - Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
b) Die FLD für Stmk. erhöhte mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 5. April 1984 - gleichfalls gestützt auf ArtII Abs1 BewÄG 1979 - den zum 1. Jänner 1983 geltenden Einheitswert des S W gehörenden forstwirtschaftlichen Betriebes in der KG Kumberg von 684000 S um 5 vH auf 718000 S.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte, zu B422/84 eingetragene Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.
c) Die FLD für Tir. nahm mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 6. April 1984 - ebenfalls gemäß ArtII Abs1 BewÄG 1979 - die Erhöhung des zum 1. Jänner 1983 geltenden Einheitswertes des im Eigentum von Dr. P B stehenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in der KG Kitzbühel-Land von 262000 S um 5 vH auf 275000 S vor.
Dieser Bescheid ist Gegenstand der zu B477/84 protokollierten, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde. Auch darin wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums behauptet und der Antrag gestellt, den Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
d) Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 30. Mai 1984
stellte die FLD für OÖ nach ArtII Abs1 BewÄG 1979 die Erhöhung des
zum 1. Jänner 1983 geltenden Einheitswertes des der Stiftung ... (mit
dem Sitz in Coburg/BRD) gehörenden forstwirtschaftlichen
Betriebes ... (Gemeinde Unterweißenbach und Liebenau) von 9202000 S
um 5 vH auf 9662000 S fest.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte, unter B633/84 geführte Beschwerde. Die Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrecht verletzt worden zu sein. Sie begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides.
2. Die bel. Beh. habe Gegenschriften erstattet, in denen sie die Anträge stellen, die Beschwerden abzuweisen.
II. Der VfGH hat über die - zulässigen - Beschwerden erwogen:
1. a) Die angefochtenen Bescheide werden materiell auf ArtII Abs1 BewÄG 1979 gestützt.
Diese bundesgesetzliche Vorschrift lautet:
"Die nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 zum 1. Jänner 1979 festgestellten und ab 1. Jänner 1980 wirksam werdenden Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sowie von Betriebsgrundstücken iS des §60 Abs1 Z2 des Bewertungsgesetzes 1955 sind ab 1. Jänner 1983 um 5 vH zu erhöhen, wobei die Bestimmungen des §25 des Bewertungsgesetzes 1955 anzuwenden sind. Von den geänderten Einheitswertbescheiden abgeleitete Bescheide sind unter sinngemäßer Anwendung des §295 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, durch neue Bescheide zu ersetzen."
b) Die das BewÄG 1979 betreffende RV. (14 BlgNR, XV GP) führt zu ArtII aus:
"Mit der Bewertungsgesetz-Novelle 1971, BGBl. Nr. 172, wurde der Hauptfeststellungszeitraum für die Feststellung der Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens von bisher sechs auf nunmehr neun Jahre erstreckt. Ein so langer Zeitraum bewirkt aber beim folgenden Hauptfeststellungszeitpunkt eine zu starke Erhöhung der Einheitswerte und somit auch eine Erhöhung der von den Einheitswerten abhängigen Abgaben. Um dieses sprunghafte Ansteigen zum nächsten Hauptfeststellungszeitpunkt zu vermeiden und vor allem auf dem Gebiet der Grundsteuer für die Gemeinden eine gleichmäßige Basis zu finden, erscheint es zweckmäßig, den Übergang zur nächsten Hauptfeststellung der Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, die zum 1. Jänner 1988 vorgesehen ist, fließend zu gestalten. Deswegen soll für die zum 1. Jänner 1979 festzustellenden Einheitswerte, die mit 1. Jänner 1980 wirksam werden, ab 1. Jänner 1983 ein Faktor von 1,05 und ab 1. Jänner 1986 ein Faktor von 1,1" (die letztere in der RV aufscheinende Bestimmung wurde nicht beschlossen) "zur Anwendung gebracht werden, wobei diese Faktoren auch für allfällige Nachfeststellungen und Fortschreibungen Gültigkeit hätten. Die hiebei vorgesehenen Zeitpunkte stimmen mit den Hauptveranlagungszeitpunkten der Vermögensteuer überein, und es könnte eine solche Maßnahme daher ohne besonderen Aufwand getätigt werden.
Es wird darauf hingewiesen, daß schon aus den gleichen Überlegungen die zum 1. Jänner 1970 festgestellten Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1977 gemäß ArtIV des Bundesgesetzes vom 31. März 1976, BGBl. Nr. 143/1976, um 10% erhöht wurden."
c) Der Einheitswert (§§19 ff. BewG) dient als Grundlage für die Festsetzung verschiedenartiger Abgaben, so etwa der Grundsteuer sowie der Erbschafts- und Schenkungssteuer.
Die Hauptfeststellung des Einheitswertes für die wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens findet nach §20 Abs1 Z1 BewG in Zeiträumen von je neun Jahren statt (zuletzt zum 1. Jänner 1979).
Dem §32 BewG zufolge ist für die Bewertung landwirtschaftlicher Betriebe nicht (wie in §10 Abs1 leg. cit. grundsätzlich angeordnet) der gemeine Wert (das ist nach §10 Abs2 der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung zu erzielende Preis) zugrunde zu legen; vielmehr gelten gemäß §32 Abs1 BewG für landwirtschaftliche Betriebe die Grundsätze über die Bewertung nach Ertragswerten. Die folgenden Bestimmungen enthalten detaillierte Vorschriften darüber, wie der Einheitswert für jede einzelne zum landwirtschaftlichen Vermögen gehörende wirtschaftliche Einheit festzusetzen ist.
Gleiches gilt nach §46 Abs2, §48 Abs2, §49 Abs2 und §50 Abs2 BewG für die Bewertung des übrigen "land- und forstwirtschaftlichen Vermögens" iS des §29 BewG, so insbesondere auch für das forstwirtschaftliche Vermögen.
2. Die Bf. begründen ihre Behauptungen, durch die von ihnen bekämpften Bescheide in oben (I.1.) näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein, ausschließlich damit, daß der oben (II.1.a) zitierte ArtII Abs1 BewÄG 1979 verfassungswidrig sei.
Die Bf. zu B393/84, B422/84 und B477/84 meinen zusammengefaßt:
Durch diese Bestimmung seien die ab 1. Jänner 1980 wirksamen Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ab 1. Jänner 1983 generell um 5 vH erhöht worden. Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe gelte der Grundsatz der Bewertung nach Ertragswerten. Von diesem Ordnungsprinzip sei der Gesetzgeber abgewichen, ohne daß hiefür eine sachliche Rechtfertigung bestünde. Die generelle Anhebung aller Einheitswerte wäre - wie die Bf. meinen - nur dann sachlich begründet, wenn sie im großen und ganzen der tatsächlichen Ertragslage in der Land- und Forstwirtschaft entspräche. Dies sei jedoch - wie durch Zitierung mehrerer Belegstellen nachzuweisen versucht wird - nicht der Fall. Vielmehr hätten sich die Reinertragsverhältnisse in der Land- und Forstwirtschaft von 1979 bis 1983 verschlechtert. ArtII Abs1 BewÄG gehe somit vom Grundsatz der Bewertung nach Ertragswerten ab, ohne daß dies durch die Entwicklung im Tatsächlichen gerechtfertigt werden könnte. Trotz Verringerung des Ertrages werde der Land- und Forstwirtschaft eine höhere Steuer- und Abgabenleistung zugemutet.
Die zu B633/84 bf. Stiftung vertritt eine ähnliche Auffassung: Es gehe nicht an, über Jahre hinaus in die Zukunft gerichtet derartige pauschale Korrekturen festzulegen; für die vom Gesetzgeber angestellte Prognose habe es keine Unterlagen gegeben; sie habe sich in der Folge als völlig verfehlt herausgestellt; die Ertragslage in der Forstwirtschaft habe sich seit 1981 allgemein wesentlich verschlechtert, dies zT aufgrund weltwirtschaftlicher Umstände, zT aufgrund eines durch Umwelteinflüsse herbeigeführten Sterbens großer Waldbestände. Es sei nicht gerechtfertigt, ungeprüft auf gesetzlicher Grundlage ermittelte Besteuerungsgrundlagen im voraus (aufgrund sachlich nicht fundierter Prognosen) pauschal zu erhöhen und damit die Besteuerung zu verschärfen. Die §§32 und 46 BewG zielten auf eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ab. ArtII Abs1 BewÄG 1979 gehe nun von diesem vom Gesetzgeber geschaffenen Ordnungssystem ab, ohne geprüft zu haben, ob die durch eine pauschale Erhöhung veränderten Wertgrundlagen überhaupt noch in einem angemessenen, sachlich vertretbaren Verhältnis zu allen übrigen im Rahmen dieses Ordnungssystems ermittelten Werten stehen. Die prognostizierte Entwicklung sei nicht eingetreten. Es fehle jede sachliche Begründung für das Abweichen vom einmal gewählten und geschaffenen Ordnungssystem.
3. Der VfGH teilt diese von den Bf. vorgebrachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des ArtII Abs1 BewÄG 1979 nicht. Er findet auch sonst keinen Anlaß, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser bundesgesetzlichen Bestimmung einzuleiten:
Für die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ist nach den §§32 ff. BewG eine besondere Art der Einheitsbewertung vorgesehen, nämlich nicht - wie für anderes Vermögen - nach dem gemeinen Wert, sondern nach dem Ertragswert (s. oben II.1.). Dieses System führt - zumindest in der überwiegenden Mehrzahl - zu einem für den Steuerpflichtigen günstigeren Ergebnis. Das bestreiten im übrigen auch die Bf. nicht.
Wenn ArtII Abs1 BewÄG 1979 zu den nach den bisherigen gesetzlichen Regeln ermittelten Ertragswerten einen generellen (pauschalen) Zuschlag von 5 vH vorschreibt, bleibt der Gesetzgeber damit noch innerhalb des von ihm gewählten Ordnungssystems; der neue Einheitswert ist weiterhin am Ertragswert orientiert. Der Zuschlag baut nämlich auf den - individuell ermittelten - Ertragswerten auf, die alle gleichermaßen um einen bestimmten (relativ geringen) Prozentsatz erhöht werden, sodaß das Verhältnis der für die einzelnen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe - individuell - festgestellten Ertragswerte zueinander nicht geändert wird. ArtII Abs1 BewÄG 1979 zieht somit keine - allenfalls gleichheitswidrige - Disproportionalität der einzelnen Einheitswerte nach sich.
Auf die Argumentation der Bf., die auf einem gegenteiligen - wie dargetan verfehlten - Standpunkt basiert, braucht nicht weiter eingegangen zu werden.
Der vom Gesetzgeber vorgesehene Zuschlag von 5 vH zu den vier Jahre früher festgestellten Ertragswerten - der eine Erhöhung aller auf der Grundlage dieser Einheitswerte beruhenden Abgaben bewirkt - ist im Hinblick auf die oben dargestellte Ausgangsposition nicht unsachlich. Der Gesetzgeber bleibt innerhalb des ihm von Verfassungs wegen zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsfreiraumes, wenn er - auch wenn sich die Ertragsverhältnisse der Steuerpflichtigen verschlechtern - Abgabenerhöhungen vornimmt, sofern nur die Regelung nicht jeder sachlichen Rechtfertigung entbehrt oder zu einer Aushöhnung des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums führt (vgl. hiezu zB VfSlg. 7770/1976, 8457/1978, 9583/1982) und wenn die Regelung nur in sich nicht widersprüchlich ist. Davon kann aber hier keine Rede sein. Solche Vorwürfe erheben selbst die Bf. nicht.
Wenn bei den jeweiligen wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens seit der letzten Hauptfeststellung 1979 beim konkreten Bewertungsgegenstand eine (atypische) wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten sein sollte, so steht ArtII Abs1 BewÄG 1979 nicht entgegen, nach §21 BewG eine Fortschreibung vorzunehmen.
Die Bundesverfassung verbietet dem Gesetzgeber - von einem (hier nicht gegebenen) Mißbrauch seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes abgesehen - nicht, eine Erhöhung von Abgaben (oder von Einheitswerten, auf denen deren Berechnung beruht) auch erst ab einem in (ferner) Zukunft liegenden Zeitpunkt vorzusehen.
Für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes sind nicht die Motive des Gesetzgebers ausschlaggebend; es kommt hiebei vielmehr nur auf das objektive Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens an (vgl. zB VfSlg. 8350/1978, 10001/1984). Gegen dieses Ergebnis aber bestehen hier - wie dargetan - keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es ist daher unerheblich, ob der Gesetzgeber - möglicherweise unzutreffend - von einer künftigen Verbesserung der Ertragslage in der Land- und Forstwirtschaft ausgegangen ist (s. die oben unter II.1.b zitierte RV zum BewÄG 1979).
4. Der VfGH hat sohin unter dem Gesichtspunkt der vorliegenden Beschwerden gegen ArtII Abs1 BewÄG 1979 keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Gleiches gilt für alle übrigen, die bekämpften Bescheide tragenden Rechtsvorschriften.
Die Bf. könnten also im Eigentumsrecht und im Gleichheitsrecht (dieses steht im übrigen der zu B633/84 bf. Stiftung - wie sie selbst richtig erkennt - als ausländischen juristischen Person nicht
zu) nur durch eine denkunmögliche oder willkürliche Gesetzeshandhabung verletzt worden sein.
Die Bf. erheben derartige Vorwürfe nicht. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte für ein solches qualifiziertes Fehlverhalten der Behörden hervorgekommen.
Die Bf. sind daher im Eigentumsrecht und im Gleichheitsrecht nicht verletzt worden.
5. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Bf. in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen (s. oben II.3. und 4.) ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.
Die Beschwerden waren deshalb abzuweisen.
Schlagworte
Bewertung land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Einheitsbewertung, VfGH / Prüfungsmaßstab, AuslegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B393.1984Dokumentnummer
JFT_10149773_84B00393_00