TE Vfgh Erkenntnis 1985/6/26 A29/83

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Veröffentlicht am 26.06.1985
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art11 Abs1 Z4
B-VG Art137 / Allg
B-VG Art137 / Verzug
B-VG Art137 / sonstige Klagen

Beachte

in den wesentlichen Entscheidungsgründen ähnlich A20/84 vom selben Tag

Leitsatz

Art137 B-VG; Klage auf Rückzahlung einer wegen Verstoßes gegen die StVO 1960 verhängten und bereits bezahlten Geldstrafe nach Aufhebung des Strafbescheides durch den VwGH; mangelnde passive Klagslegitimation des Bundes; Zeitpunkt des Entstehens der Rückzahlungsverpflichtung

Spruch

Das Klagebegehren wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. In der unter Berufung auf Art137 B-VG am 16. September 1983 erhobenen Klage bringt der Kläger im wesentlichen vor, daß die Wr. Landesregierung über ihn ua. wegen der Verwaltungsübertretung nach §§97 Abs5 iVm. 99 Abs4 liti StVO 1960 eine Geldstrafe von 400 S verhängt und ihm einen Verfahrenskostenbeitrag von 80 S auferlegt habe; er habe die Geldstrafe und den Kostenbeitrag am 18. Jänner 1983 bezahlt. Obwohl der VwGH mit Erk. vom 24. Juni 1983 den Bescheid insofern aufgehoben habe, mit Ersatzbescheid vom 29. August 1983 das Strafverfahren eingestellt und von ihm mit Schreiben vom 22. August 1983 die Rückzahlung des Betrages von 480 S begehrt worden sei, sei Zahlung nicht geleistet worden.

Der Kläger begehrt, den Bund urteilsmäßig zur Zahlung von 480 S samt 4 vH Zinsen seit 23. August 1983 sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten zu verhalten.

2. Die beklagte Partei hat - vertreten durch die Finanzprokuratur - den Verwaltungsstrafakt vorgelegt und anerkannt, daß die Sachverhaltsdarstellung in der Klage den Tatsachen entspricht. Sie wendet jedoch den Mangel der passiven Klagslegitimation ein, da die Verwaltungsstrafe wegen eines Verstoßes gegen die Straßenverkehrsordnung verhängt worden sei und es sich demnach um eine Angelegenheit der Landesvollziehung handle. Was den Umfang des geltend gemachten Anspruches betreffe, werde darauf verwiesen, daß der Ersatzbescheid, der aufgrund des Erk. des VwGH zu erlassen war, der Behörde erster Instanz erst am 31. August 1983 zugestellt wurde; eine Rückzahlungsverpflichtung sei erst in diesem Zeitpunkt entstanden.

Die beklagte Partei beantragt, das Klagebegehren kostenpflichtig abzuweisen.

3. Im vorgelegten Verwaltungsstrafakt findet sich eine Mitteilung vom 6. Oktober 1983, daß der Betrag von 480 S an den Kläger rücküberwiesen wurde.

4. Der VfGH hat über die - zulässige (vgl. VfSlg. 8812/1980, 8954/1980, 9498/1982) - Klage erwogen:

4.1. Das Verwaltungsstraferk., mit dem über den Kläger eine Geldstrafe verhängt worden war, erging wegen eines Verstoßes gegen die StVO 1960, was dem Kompetenzbereich der Straßenpolizei zuzurechnen ist und somit in Vollziehung Landessache ist. Die Verpflichtung zur Rückerstattung trifft, wie der VfGH in VfSlg. 5079/1965 ausgesprochen hat, jene Gebietskörperschaft, in deren Vollzugsbereich die Behörde tätig gewesen ist.

Daraus ergibt sich, daß der Einrede der mangelnden Passivlegitimation des Bundes Berechtigung zukommt, sodaß die Klage schon aus diesem Grunde abzuweisen ist.

Obwohl sie somit nicht mehr entscheidungswesentlich ist, kann der VfGH die Ansicht der beklagten Partei, daß nach Aufhebung eines Verwaltungsstrafbescheides durch ein Erk. des VwGH eine Rückzahlungsverpflichtung der Behörde erst nach Erlassung eines die Verpflichtung zur Zahlung einer Verwaltungsstrafe endgültig zum Erlöschen bringenden Ersatzbescheides eintrete, nicht unwidersprochen lassen. Falls die beklagte Partei mit dieser Meinung auf das Erk. des VfGH VfSlg. 8542/1979 Bezug nehmen sollte, ist sie darauf zu verweisen, daß das Erk. nicht zu einem Fall erging, bei dem durch Erk. des VwGH eine verhängte Verwaltungsstrafe aufgehoben wurde. Der VfGH hat für letzteren Fall, auch im soeben zitierten Erk., ebenso wie in seiner sonstigen Vorjudikatur (vgl. VfSlg. 5001/1965, 5079/1965) keinen Zweifel gelassen, daß die Behörde zur Rückzahlung eines Strafbetrages schon dann verpflichtet ist, wenn der VwGH einen Strafbescheid, gleichgültig ob wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhebt, wobei die Behörde in Zahlungsverzug kommt, sobald einem Rückzahlungsbegehren nicht entsprochen wird (vgl. VfSlg. 9498/1982).

Schlagworte

VfGH / Klagen, Kompetenz Bund - Länder Straßenpolizei

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:A29.1983

Dokumentnummer

JFT_10149374_83A00029_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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