Kommentar zum § 20 IPRG

Ulrike Christine Walter am 09.11.2009

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Voraussetzungen und Wirkungen einer Ehescheidung

Für die – materiell-rechtlichen (EF.Slg 114.651) - Voraussetzungen und die Wirkungen der Scheidung einer Ehe beruft § 20 IPRG das für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe maßgebenden Recht im Zeitpunkt der Ehescheidung. Rechtswahl ist unzulässig. In den Anwendungsbereich fallen sowohl die streitige als auch die einvernehmliche Scheidung. (Schwimann, JBl 1979,351) Erfasst werden die Fälle der Inlandsscheidung.

 

 Ehewirkungsstatut

Abs. 1 verweist auf das Ehewirkungsstatut des § 18, wie es im Zeitpunkt der Ehescheidung besteht, wobei maßgebend der Schluss der Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz ist (1 Ob 549/80=JBl 1981,36 = EvBl 1981/21)

Lehre und Rechtsprechung erachten die Verweisung als Sachnormverweisung auf das für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe § 18 IPRG maßgebliche Sachrecht.(siehe dortige Ausführungen).

 

 Favor divortii

Kann nach diesem gem. Abs. 1 ermittelten Recht die Ehe auf Grund der geltend gemachten Tatsachen nicht geschieden werden oder liegt keiner der Anknüpfungspunkte des § 18 vor, so ist die Scheidung nach dem Personalstatut des klagenden Ehegatten - im Zeitpunkt der Ehescheidung - zu beurteilen.

 

Abgrenzung Ehegüterrechtsstatut – Scheidungsstatut

Ob eine Vermögensaufteilung anlässlich der Ehescheidung güterrechtlich (§ 19 IPRG) oder unterhaltsrechtlich (§ 18 IPRG) anzuknüpfen ist, ist eine Frage der Qualifikation.    Die hL (Schwimann, JBl 1979,349f) und teilweise die Rechtssprechung (EF.Slg 90.664) unterscheiden nach dem aufzuteilenden Gegenstand. Danach unterstehen dem Güterrechtsstatut „Dauerregelungen über ganze Vermögensmassen“ wie z.B. Ersparnisse. Ehewohnung (EF-Slg 117.748) oder Hausrat unterstehen hingegen dem Scheidungsstatut.  (z.B. 6 Ob 716/84) Die jüngere Rechtssprechung unterstellt die gesamte nacheheliche Vermögensaufteilung dem Scheidungsstatut des § 20 IPRG. (1 Ob 17/05i = ZfRV 2005/23,158; EF-Slg 114.650,  117.747) 

Dies führt jedoch zu einer Rechtsunsicherheit gem. § 19 Abs. 1 IPRG und der dort vorgesehenen Rechtswahl. Wird eine Rechtswahl getroffen, so sollte auch die Güteraufteilung nach dieser Rechtswahl erfolgen, da dies von den Vertragspartnern eigentlich auch so gewünscht ist. Die Aufteilung der Ehegüter nunmehr – entgegen dem gewählten Recht – dem Staat zu unterstellen, indem die Ehegatten (zufällig – beruflich) ihren gemeinsamen Aufenthalt haben, widerspricht dieser vereinbarten Rechtswahl.

 

Beispiel:  Die aus eigenem Vermögen während der Ehe von einem Partner angeschaffte Ehewohnung unterliegt im Falle der Vereinbarung der Gütertrennung nach italienischem Recht nicht der Aufteilung, nach österreichischem Recht schon. Bei Heirat und Gütervereinbarung einer oesterr./ital. Mischehe würde somit im Falle der Trennung in Italien die Wohnung demjenigen verbleiben, der diese angeschafft hat, bei Folgewohnsitz in Österreich und Scheidung in Österreich würde diese aufgeteilt werden.

 

 Verbundzuständigkeit

Ob bei Anwendung ausländischen Rechts der Scheidungsrichter gleichzeitig mit der Scheidung deren Folgen regelt oder ob dies einem eigenen Verfahren vorbehalten ist, bestimmt sich, weil es sich um eine Frage der Zuständigkeit und damit des Verfahrensrechts handelt, ausschließlich nach der lex fori. (EF-Slg 114.652)

 Anwendung ausländischen Rechts

Ausländische Normen sind nur  bei Prüfung materiell-rechtlicher Fragen anzuwenden. Auf das Verfahren sind stets die österr. Prozessvorschriften anzuwenden. Diese enthalten keine Bestimmungen, die die Anwendung ausländischen Verfahrensrechts ermöglichen. Vor österreichischen Gerichten sind nur inländische Verfahrensvorschriften anzuwenden. Diese enthalten keine Bestimmungen, die die Anwendung aus. Verfahrensrechtes ermöglichen. Die Übertragung pflegschftsbehördlicher Aufgaben an das Scheidungsgericht ist nach österr. Verfahrensrecht auch dann ausgeschlossen, wenn das für das Scheidungsbegehren maßgebende ausländische Recht eine solche Maßnahme kennt. In derartigen Verfahren ergangene Entscheidungen sind gem. § 477 Abs. 1 Z 6 ZPO nichtig. (EF-Slg 114.653)  

Dr. WALTER Ulrike, RA; zugelassen in Österreich und ItalienPartner von del Torre-Franco-Sgrazzutti, Studio legale AssociatoGorizia/Udine(Wien) walter@avvocatinordest.it

 


§ 20 IPRG | 5. Version | 685 Aufrufe | 09.11.09
Informationen zum Autor/zur Autorin dieses Fachkommentars: Ulrike Christine Walter
Zitiervorschlag: Ulrike Christine Walter in jusline.at, IPRG, § 20, 09.11.2009
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